Hallo zusammen.

Wir, Kerstin & Michael Klee sind Euch evtl. ja schon als TX-Ansprechpartner auf dieser Seite bekannt.

Wir wollen nun mal die Gelegenheit nutzen unsere Erfahrungen vor und nach der TX von Kerstin Euch mit zu teilen, speziell die Erhaltung der körperlich Fitness.

Kerstins Grunderkrankung ist CF, Euch wohl bekannt, die Auswirkungen auf die Lunge wohl auch. Nachdem Kerstin Sauerstoff verordnet wurde, hat dies ihre sportliche Bewegungsfreiheit sehr stark eingeschränkt. Den Sport, den sie so sehr liebt, wie Volley Ball, Laufen und Ski fahren, konnte sie nicht mehr ausüben.

Anfangs ist sie noch mit ihrem Trekking-Fahrrad gefahren, indem wir einen Korb auf ihrem Gepäckträger montierten, in den Sie den Sauerstoff-Rucksack stellte. Leider wohnen wir in einer nicht gerade flachen Gegend und dies erschwert das Rad fahren deutlich.

So sind wir zum Entschluss gekommen ein Tandem wäre eine gute Idee um Kerstin fit zu halten. So wurde nach langer Überlegung und den Besuch mehreren Rad-Geschäften ein Tandem gekauft. Nachdem wir ja schon auf Sylt Erfahrungen mit einen Leih-Tandem gesammelt hatten, fiel es uns auch nicht schwere gemeinsam zu starten.

Das Tandem ermöglichte Kerstin wieder aus ihrem gewohnten Aktionsradius von ca. 15-17 km, auf ca. 35-40 km zu erweitern. Hierbei konnten wir auch Touren fahren, die etwas länger waren. Wenn sie nicht mehr konnte habe ich halt alleine weiter getreten, oder sie hat nicht mit voller Kraft getreten. Die einzige Einschränkung die es noch gab, war der Sauerstoffvorrat. Dieser hielt ca. 4-5 Std. bei 2.0 Ltr. .

Mit unserem Tandem sind wir in der der Zeit vor der TX (ca. 1,5 Jahre) gut 500 km gefahren. Dies hört sich nach nicht so viel an, aber unter den Umständen war das schon eine sehr gute Leistung.

Ursprünglich war das Tandem aus der Not geboren. Mittlerweile hat das Tandemfieber von uns Besitz ergriffen und wir fahren immer noch. Nach der TX hatte Kerstin so gut wie keine Kondition und Kraft mehr. Hierfür war das Tandem ein sehr gutes Mittel die Kondition und Kraft zu stärken. Neben den Tandem hat sie natürlich auch wieder langsam mit den Laufen angefangen und durch Krafttraining stärkte sie ihre Muskulatur.

Mit den Tandem sind wir mittlerweile über 6.000 km gefahren. 1,5 Jahre nach der TX haben wir unsere erste Tour gefahren, die über 7 Tage und ca. 500 km ging. Dieses Jahr (2005) wollten wir von Basel am Rhein entlang nach Hause fahren. Leider wurden wir kurz vor Koblenz zum Aufgeben gezwungen, weil unser Hinterrad den Belastungen des Gepäcks und uns nicht standgehalten hat. Es wurden aber immerhin auch noch rund 550 km. Hier findet Ihr den >>> Reisebericht.

Nun noch ein paar Tip´s zum Thema Tandem:

Grundsätzlich ist ein Tandem für behinderte- oder gesundheitlich Eingeschränkte Menschen eine sehr gute Sache wieder am „normalen Leben“ teilnehmen zu können. Dabei ist es erst mal unwichtig wie teuer ein Tandem ist, hauptsache es macht Spaß. Wenn es aber evtl. auch nach einer TX genutzt werden sollte, kann ich nur empfehlen etwas mehr Geld zu investieren.

Die üblichen Standard-Tandems, die wohl jeder schon mal gesehen hat, sind die von der Fa. Schauff. Diese bewegen sich in der unteren Preisklasse und sind für ca. 750 – 1.200 € schon zu haben. Es sind dann aber keine Leichtgewichte und wenn ihr das Tandem via Auto an einen anderen Ort bringen wollt ,müsst ihr es erst mal auf das Dach vom Auto stemmen.

Dann gibt es die Mittelklasse-Tandems, die sind dann schon aus Aluminium gefertigt und sind erheblich leichter. Wir haben uns für ein Rad von ZweiplusZwei entschieden. Es gibt aber auch welche von Trek oder Cannondale. Hier liegt der Anschaffungspreis schon bei ca. 1.500 – 3.000 €.

Die Oberklasse fängt so bei ca. 3.500 € an, und nach oben ist fast keine Grenze gesetzt. Hier möchte ich die Tandems von Santana erwähnen. Diese haben bei mir einen echten Eindruck hinterlassen. In dieser Preisklasse sind dann auch zerlegbare Tandems möglich, die evtl. einfach in den Kofferraum eines Autos passen.

Ein besonderes Tandem ist das Pino von der Fa. Hase. Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Liegerad und normalem Singelrad. Hierbei sitzt der Stoker (Mitfahrer) vor dem Captain (der das Tandem steuert) auf einen Sessel.

So, nun wird es noch etwas technisch:

Technik:

Die Technik von Tandems unterscheidet sich doch teilweise erheblich von anderen Fahrrädern. Dadurch das ja zwei Person auf den Rad sitzen müssen mehrere Bauteile für die höhere Belastung ausgelegt sein. In erster Linie sind das der Rahmen, die Laufräder und die Bremsen.

Rahmen

Die lange Entwicklung von Fahrradrahmen seit dem 19. Jahrhundert hat auch eine Fülle von Tandemrahmen hervorgebracht. Rahmen sollen möglichst stabil und trotzdem leicht sein. Bei Tandemrahmen ist aufgrund der Länge Steifigkeit die wichtigste Forderung, insbesondere Torsions-Steifigkeit. Wenn der Rahmen dann auch noch leicht sein soll, sind eine möglichst simple Konstruktion und tandemspezifische Rohre mit großen Durchmessern gefragt. Die Wandstärken kann man den Rohren von außen nicht ansehen, d.h. was schwer aussieht muss noch lange nicht schwer sein, und was leicht aussieht, muss noch lange nicht leicht sein. Wie kann man also beurteilen, ob ein Rahmen taugt? Hochheben und Probe fahren.

Für vollgefederte Tandems und für Liege-Tandems gelten im Prinzip die gleichen Regeln. Allerdings liegen die Verhältnisse hier etwas komplizierter, und es wird seitens der Hersteller noch viel experimentiert.

Eine Übersicht typischer Tandem-Rahmen:

Direct Latera

Direct Latera

Der Standardrahmen heutiger Tandems, sofern sie etwas besser sind. Offenbar der beste Mix auf Steifigkeit, Leichtgewicht und simpler Konstruktion, vorausgesetzt, es werden überall tandemspezifische Rohre verwendet. Keine Probleme mit Stokid-Zusätzen, weil keine zusätzlichen Streben am Hinterbau stören.

Double Diamond

Die Urform des Tandemrahmens. Solch ein Rahmen ergibt sich von selbst, wenn man zwei Diamant-Rahmen zu einem Tandem zusammenschweißt und die Tretlager verbindet. Solche Selbstbaurahmen sind dann hinten meist zu kurz. Es gibt nur wenige hochwertige Tandems, die diese Rahmenform benutzen. Bei Verwendung tandemspezifischer Rohre kann das Ergebnis aber gut sein.

Marathon

Praktisch der Vorgänger des Direct Lateral. Das Verstärkungsrohr spaltet hinten in zwei Streben auf, oder es werden von vorn bis hinten Einzelstreben verwendet.

Double Marathon

Eine Mischung aus Marathon und Direct Lateral mit zwei Verstärkungen. Meist (aber nicht nur) an billigen Tandems zu sehen, da man auf diese Weise Tandemrahmen aus eigentlich zu schwachen (aber billigen) Solo-Rohren zusammenbauen kann. Beide Verstärkungen werden dann aus Doppelstreben angesetzt. Nachteil: hohes Gewicht.

Unverstärkt

Wenn man alle Verstärkungsrohre weglässt erhält man diesen Rahmen. Nachteil: mangelnde Torsionssteifigkeit.

Mixte

Praktisch ein Double-Marathon, bei dem das hintere Oberrohr fehlt. Nachteil: geringe Torsionssteifigkeit.

Holland-Stil

Wer die Beine nicht hoch kriegt, zahlt hier mit vielen zusätzlichen Kilos bei geringer Torsionssteifigkeit. Die verwendeten Rohre müssen ziemlich massiv oder zahlreich sein, damit diese Konstruktion hält.

Bremsen

1. Ein wenig Physik

Bremsen verwandeln kinetische Energie mit Hilfe von Reibung in Wärme.

Reibung = µ * Normalkraft.

µ ist der Reibungskoeffizient und hängt vom Material von Felge und Bremsgummi ab. Normalkraft ist die Kraft, mit der das Bremsgummi auf die Felge gedrückt wird.
Hier sind ein paar wichtige Punkte, die die Bremsleistung beeinflussen.

• die Handkraft
• die Hebelübersetzung
• die Reibung im Zug.
• der Reibfaktor µ
• die Reifenhaftung

Dann bleibt nur noch die Frage offen:

• Wohin mit der Wärme?

1.1 Handkraft

Die Handkraft ist begrenzt. Du kannst ja mal mit beiden Händen eine Personenwaage zusammendrücken. Zeigt sie 30 kg? Dann solltest Du die beste Bremse montieren, die Du kriegen kannst. 60 kg sind wohl normal.

1.2 Hebelübersetzung

Ein paar Voraussetzungen für eine vernünftige Hebelübersetzung:

• Ich muss die Bremshebel gut greifen können.
• Das Bremsgummi muss einen Mindestweg zurücklegen, sonst schleift es dauernd.
• Die Elastizitäten im System und der Bremsgummiverschleiß müssen für den Mindestweg berücksichtigt werden.

Mit diesen Überlegungen liegt die Gesamtübersetzung mehr oder weniger fest.

Trotzdem sind nicht alle Bremssysteme gleich.

Was wäre jetzt ein vernünftiges Ziel?

1. Die Elastizitäten sollten sehr klein sein. Ein Hebelweg ist dann noch vorhanden, doch man kann den Bremshebel kraftvoll ziehen, ohne dass er am Lenker anschlägt.

2. Bis das Bremsgummi auf die Felge trifft, soll wenig Hebelweg viel Bremsgummiweg erzeugen.

3. Wenn das Bremsgummi an der Felge angekommen ist, soll der Hebel viel Bremsgummiandruckkraft erzeugen.

Wirklich erreicht werden Punkt 2 und 3 gleichzeitig von keiner mir bekannten Bremse. Bei den besten Bremsen auf dem Markt geht es nach dem Auftreffen der Bremsgummis mit der gleichen Übersetzung weiter wie vorher (Magura und V-Brake). Bei Cantis verändert sich die Übersetzung durch das Seildreieck in die verkehrte Richtung.

Bezüglich Elastizität hat das nach meiner Erfahrung weit überlegene System Hydraulik und kommt von Magura. Hinten liegen die Seilzugbremsen hoffnungslos abgeschlagen.

Andreas Hein hat dazu eine sehr interessante Rechnung mit erschreckendem Ergebnis aufgestellt. Diese ist unter folgenden Link zu finden.

http://tandem-fahren.de/Technik/Bremse/seildehnung.txt

Vorne ziehen gut eingestellte Seilzugbremsen mit Magura gleich, doch man muss weiter denken.

Die Hebelübersetzung findet in zwei Stufen statt:

• Der Hebelweg wird im Bremshebel in Seilzug oder gepumpte Ölmenge umgesetzt.
• An der Bremse wird Seilzugweg oder Ölmenge in Bremsgummiweg umgesetzt.

Seitenzugbremsen sind ein Beispiel für Bremsen, bei denen fast die gesamte Übersetzung am Bremshebel gemacht wird. Bei Cantis liegt schon ein größerer Anteil bei der Bremse. V-Brakes haben den größten Anteil an der Bremse. Es scheint fast, je größer der Anteil der Hebelübersetzung, der an der Bremse anfällt, desto besser ist die Bremse; zumindest gibt es einen deutlichen Unterschied.

Je kleiner die Übersetzung im Hebel, desto größer ist der Zugweg und desto kleiner ist die Kraft, die von dem Seilzug übertragen werden muss. Der Seilzug presst sich in jeder Krümmung gegen den Außenzug. Das heißt, mit steigender Seilzugkraft steigt auch die Reibkraft. Außerdem wird der Seilzug in die Länge gezogen und der Außenzug gestaucht. Auch das ist von der Seilzugkraft abhängig. Hier liegt ein Systemvorteil von Cantis und vor allen Dingen von V-Brakes. Doch der Bremshebel muss auch für diese Bremsen gemacht sein! Wenn der Zugweg mit Hilfe einer Zwischenübersetzung kurz vor der Bremse noch einmal übersetzt wird, nutzt es weniger, als wenn diese Zwischenübersetzung direkt hinter dem Bremshebel sitzt.

1.3 Reibung im Zug

Das, was an Kraft hinten raus kommt, ist das was vorne reingeht minus der Reibung im Zug.

Auch in dieser Beziehung ist Hydraulik vorne. Die Reibung ist nur als Strömungsverlust spürbar. Sobald kein Öl mehr fließt oder die Ölgeschwindigkeit gegen Null geht, sprich das Bremsgummi an der Felge angekommen ist, geht die Reibung auch gegen Null. Der Druck wird hydrostatisch übertragen.

Es gibt Seilzugbremsen, die versuchen, diesen Nachteil durch einen sich selbst verstärkenden Mechanismus aufzuholen. Zum Beispiel die Petersen SE oder Bremsgummis, die aus zwei Keilen bestehen und sich selbst verklemmen. Diese Bemühungen sind bezüglich Bremswirkung von Erfolg gekrönt. Doch die Dosierbarkeit leidet darunter und es wurde schon von Fällen berichtet, in denen selbstverstärkend zu selbstblockiernd mutiert ist und die Bremse die Cantisockel abgerissen hat (waren natürlich schlecht angelötet! Oder?). Es gibt Leute, die meinen, das sei letztendlich auch der Grund warum diese Bremsen vom Markt verschwunden sind. Die Ersatzteilversorgung dürfte mit der Verbreitung korrelieren.

1.4 Reibfaktor

Reibung = µ * Normalkraft; µ hängt ab von dem Bremsgummi und der Felge. In der Anleitung der Magura-Bremse ist ein Vergleich, mit welchen Bremsgummis sich welche Verzögerungswerte erreichen lassen. Die einfachen unbeschichteten und nicht eloxierten Felgen haben die Nase vorne!

Mit einer Mavic-Felge mit Keramikbeschichtung lassen sich trocken 8,12 m/sec² und nass 5,45 m/sec² erreichen. Das ist doch gar nicht schlecht oder? In der Tat, das ist wesentlich mehr, als die meisten harteloxierten Felgen hergeben.

Mit einer Alesa ohne Eloxierung und ohne Beschichtung sind es 9,26 m/sec² beziehungsweise 6,7 m/sec²! (gemessen nach DIN 79100)

1.5 Reifenhaftung

Haftgrenze = µo * Normalkraft (µo = Faktor für Haftreibung). Die Normalkraft ändert sich beim Bremsen. Das Vorderrad wird stärker belastet, das Hinterrad wird entlastet. Bei Solos (normales Fahrrad für eine Person) kann es bei heftigem Bremsen vorkommen, dass das Hinterrad abhebt. Die gesamte Bremsleistung wird dann vom Vorderrad gebracht. Beim Tandem ist es jedoch unmöglich, das Hinterrad beim Bremsen abheben zu lassen. Der Radstand ist einfach zu groß. Deshalb ist die Hinterradbremse beim Tandem wichtig. Die potentielle Bremsleistung des Hinterrades kann ich mit meiner Handkraft von über 50 kg pro Hand nur mit einer Hydraulikbremse ausschöpfen. Alle Seilzugbremsen, die ich probiert habe, hatten zuviel Verluste.

1.6 Dosierbarkeit

Eine Bremse ist gut dosierbar, wenn eine Änderung am Bremshebel sofort eine Änderung der Bremskraft bewirkt. Von der Zeitschrift Tour wurden Experimente zu dem Thema gemacht. Es wurden nur Rennbremsen untersucht, und das auch nur vorne. Es waren nur hochwertige Bremsen im Test. Das Beste von Campagnolo und Shimano. Zum Vergleich wurde eine Magura Rennbremse genommen, die aber nicht mehr hergestellt wird. Auch wenn es nicht gerade die typischen Tandembremsen sind, die Ergebnisse sind heftig und aufschlussreich.

• Bei Seilzugbremsen muss die Handkraft über 50% verringert werden, damit sich der Anpressdruck der Gummis ändert. Und das vorne! Wie sieht das erst hinten am Tandem aus?
• Bei Hydraulik erfolgte eine Reaktion nach nur 14% Änderung der Handkraft.

An den Bremszangen liegt der krasse Unterschied nicht. Die Seilzugbremsen haben zwei Hebelarme, die von einem Seilzug zusammengezogen werden. Die Magura Rennbremse hat zwei Hebelarme, die von einem Hydraulikkolben auseinander gedrückt werden. Der wesentliche Unterschied liegt weniger in der Bremszange, sondern vielmehr darin, wie die Kraft zur Bremszange kommt. Seilzug kontra Hydraulik. Tour urteilt: Bei Rennbremsen gibt es noch viel zu verbessern. Ich meine, das Tandem braucht keine Rennbremsen. Wir können uns auf dem Hydrauliksektor der MTB-Bremsen bedienen.

1.7 Wohin mit der Wärme?

Die Kinetische Energie wird in Wärme umgesetzt. Die Wärmemenge hängt von der Geschwindigkeit ab, die man vorher gefahren ist. Trotzdem ist die maximale Temperatur nicht immer gleich. Das Bremsgummi und die Felge werden heiß. Je kürzer der Zeitraum ist, in dem die Wärmemenge anfällt, desto weniger Zeit hat die Felge, die Wärme an die Umgebungsluft abzugeben, desto höher wird die Temperatur. Das kann durchaus dazu führen, dass es anfängt nach verbranntem Gummi zu stinken. Der Schlauch sitzt innen direkt an der heißen Felge. Bei einer Gewaltbremsung aus hoher Geschwindigkeit wird er ankokelt und bekommt ein Loch. Deshalb benutzen viele bei langen Abfahrten eine Trommelbremse als Zusatzbremse. Doch ich kann auch ohne Trommelbremse dazu beitragen, die Temperatur in Grenzen zu halten. Lieber etwas früher bremsen und vor allen Dingen vorne und hinten gleich stark bremsen hilft! Auch das spricht wieder für eine leistungsfähige Hinterradbremse.

2. Auswahl der Bremse

2.1 Bremsgriffe

Welchen Lenker fährst Du?

2.1.1 Rennlenker:

Hydraulikbremsgriffe für Rennlenker gibt es von Magura. Sie sind das Beste, was in den letzten Jahren an Rennbremsgriffen auf den Markt gekommen ist. Die Dinger sind ausgereift und langzeiterprobt. Sie passen nur zu Magura-Bremsen. Eine Kombination mit z.B. der Wendler Hydraulik-V-Brake ist wegen unterschiedlichem Ölkolbenhub nicht möglich. Bremsschaltgriffe à la Campa oder Shimano sind mir für Magura nicht bekannt.

Rennbremsgriffe für Seilzugbremsen erfordern mehr Gedanken. Normale Rennbremsgriffe ziehen etwas mehr als einen Zentimeter Kabel ein und eignen sich mehr oder weniger nur für Rennbremsen. Speziell für Tandems gibt es Rennbremsgriffe (z.B. Diacompe), die mehr Kabel einziehen. Mit denen lassen sich auch Cantis gut bedienen (vorne praktisch, hinten leider nur theoretisch). Ein Rennbremsgriff, der genug Kabel einzieht um V-Brakes zu betätigen ist mir nicht bekannt.

Wenn möglich, sollte der Bremshebel genau soviel Kabel einziehen, wie es für die gewählte Bremse nötig ist. Es gibt diverse Zulieferteile, die den Kabeleinzug von Bremshebeln vergrößern können. Diese Teile werden irgendwo zwischen Bremse und Bremshebel montiert. Sie sind eine Behelfslösung, wenn der Zugweg von Bremshebel und Bremse nicht zusammen passt. In der Regel werden sie benutzt, um den Zugweg zu vergrößern. Sie sollten möglichst nahe am Bremsgriff montiert werden. Sie bringen weniger, wenn sie nach viel Reibungs- und Dehnungsverlusten direkt vor der Bremse montiert werden. Wenn der Zugweg des Bremshebels zu groß ist, sind diese Zugwegumsetzer die ideale Besetzung. Dann sollten sie kurz vor der Bremse montiert werden, um erst auf den letzten Zentimetern von viel Weg auf viel Kraft umzusetzen.

2.1.2 Mountainbike Lenker

Hier gibt es eine große Auswahl an Bremssystemen.

Die leistungsfähigere Alternative ist auch hier die Hydraulik. Für MTB-Lenker gibt es Magura-Hebel in verschiedenen Varianten für Felgen- und Scheibenbremsen. Von Wendler gibt es Hebel für Hydraulik-V-Brakes.

Für Seilzugbremsen wie Cantis und V-Brakes findet sich leicht der passende Bremsgriff. Doch auch mit richtigen MTB-Bremsgriffen sind viele Tandemfahrer mit der Bremsleistung seilzugbetätigter Hinterradbremsen unzufrieden.

2.2 Seilzugbremsen

Wie schon gesagt, bei Seilzugbremsen müssen Bremsgriffe und Bremsen zusammen passen. Die Bremsgriffe haben eine Hebelübersetzung und ziehen jeweils eine bestimmte Menge Kabel ein, bevor sie am Lenker anschlagen. Dieser Kabelzug wird an der Bremse nochmal mit einer Hebelübersetzung in Bremsgummiweg umgesetzt. Wenn Hebel und Bremse nicht zusammenpassen, sind entweder die Betätigungskräfte zu groß, oder die Bremsgummiwege zu klein.

2.2.1 Seitenzugbremsen

Seitenzugbremsen eignen sich bei Solos nur für Rennräder mit schmalen Reifen. Bei etwas dickeren Reifen werden die Arme zu lang und die Bremse wird weich. Für Tandems sind sie gänzlich ungeeignet - es sei denn, man beschränkt die Fahrt auf beschauliche Feldwege in Holland.

2.2.2 Cantileverbremsen

Cantileverbremsen gibt es schon lange. Sie erfordern einen größeren Seileinzug. Die Bremsarme stützen sich direkt an der Gabel und am Hinterbau ab. Dadurch können sie wesentlich steifer gebaut werden als Seitenzugbremsen. Durch Brakebooster können die Bremsen noch einmal steifer gemacht werden. Vorne lassen sich dann erstklassige, maguramäßige Verzögerungswerte erzielen! Dafür muss man darauf achten, dass der Querzug möglichst flach verläuft. Je spitzer der Querzug wird, desto kleiner werden die effektiven Hebelarme und die Kräfte im Querzug.

Der Drehpunkt der Cantis, wie auch der V-Brakes hat auch einen Nachteil. Wenn die Bremsgummis verschleißen, wandern sie nach unten über die Felgenkannte. Die Bremsgummis müssen deshalb regelmäßig neu eingestellt werden.

2.2.3 U-Brakes

U-Brakes bestehen im wesentlichen aus zwei Bananen. Am unteren Ende sind die Bremsklötze festgeschraubt. In der Mitte sitzen sie auf Sockeln, die ungefähr auf Reifenhöhe am Rahmen angelötet sind. Darüber sind die Bananen nach innen gebogen. Die Enden der Bananen sind wie bei den alten Mittelzugbremsen mit einem Querzug verbunden.

U-Brakes wurden meist hinten verbaut. Sie taugen etwas weniger als Cantis. Bei Solos ist das nicht so schlimm, weil man dort hinten sowieso nur sehr wenig bremsen kann. Im Gegensatz zu Cantis wandert das Bremsgummi bei Verschleiß zum Reifen. Doch der Effekt ist nicht so stark, da der Drehpunkt weiter innen liegt. Das Problem ist, dass sie einen eigenen Anlötsockel habe.

2.2.4 V-Brakes

Von V-Brakes werden Wunderdinge berichtet, was die Verzögerung und die Bedienkräfte angeht.

Die Bremswirkung hinten ist enttäuschend. Es bringt mehr, den Fuß auf der Straße schleifen zu lassen! Jedenfalls mit den Diacompe Tandembremsgriffen und Maxx Cycles V-Brakes. Wahrscheinlich liegt es daran, dass das Bremsgummi weiter von der Strebe weg montiert wird, als bei den Sachs New Success Cantis. Der Hinterbau wird aufgebogen und der Bremshebel schlägt am Lenker an, lange bevor die Bremsgummis mit der erforderlichen Kraft auf die Felge drücken. Ein einfacher Brakebooster brachte kaum Verbesserung.

2.2.5 Arai Trommelbremse

Die Arai Trommelbremse wird gerne als Zusatzbremse am Hinterrad montiert. Sie verhindert bei langen Abfahrten das Überhitzen der Felgen und damit manches Loch im Schlauch. Doch dafür heizt sie die Nabe kräftig. Schon mancher hat sich über heißes Fett und Öl gewundert, das aus seiner Nabe tropfte.

Im Gegensatz zu Felgenbremsen müssen Trommelbremsen auch Drehmoment von der Nabe auf den Reifen übertragen. Das gilt natürlich auch für Scheibenbremsen. Die Speichen werden dadurch stärker belastet. Das gleiche gilt für die Nippellöcher in den Felgen.

2.2.6 Resumeé mit Seilzugbremsen:

Mit Seilzugbremsen lässt sich bei guter Abstimmung zwischen Bremshebel und Cantis/V-Brakes vorne eine sehr gute Bremsleistung erzielen. Hinten erhält man bestenfalls eine passable Zusatzbremse - zumindest mit Rennbremshebeln.

2.3 Hydraulik

Auffällig sind die Diskussionen in der Tandem-Epost-Liste. Es kommt immer wieder die Diskussion auf, wie man Seilzugbremsen optimieren kann. Es hat sich noch keiner beschwert, dass seine Magura nicht taugt.

Hydraulik hat prinzipielle Vorteile. Die Reibung fällt weg. Sie ist nur noch als Strömungsverlust bemerkbar. Sobald der Druckpunkt erreicht ist, fließt fast kein Öl mehr. Der Druck wird hydrostatisch übertragen. Dadurch kann die Ölleitung so oft gekurvt werden, wie man mag. Wenn sie lang genug ist, kann man sie auch spiralförmig um das Oberrohr wickeln.

2.3.1 Magura Felgenbremsen

Ein Pionier bei den Hydraulikbremsen ist Magura. Magura hatte schon bei Motorradbremsen lange Erfahrungen gesammelt, bevor sie eine Fahrradbremse auf den Markt gebracht haben - und das ist auch schon eine Weile her.

Dementsprechend gibt es Maguras, die schon seit 10 Jahren ihren Dienst tun. Bis auf regelmäßiges Wechseln der Bremsklötze fällt keinerlei Wartung an. Zum Nachstellen der Bremsen gibt es eine Schraube am Bremsgriff.

Auch für Maguras sind Brakebooster unbedingt zu empfehlen. Wenn sie richtig ausgelegt sind, wird damit die hintere Bremse fast so steif wie die vordere. Sie kann im Zweifelsfall locker das Hinterrad blockieren und ist trotzdem sehr gut dosierbar. Der einzige theoretische Nachteil der Magura-Bremsen ist die Ersatzteilversorgung unterwegs. Doch viele Magurafahrer bestätigen, dass sie noch nie etwas an den Bremsen reparieren mussten, und durch den Mountainbike Boom steigt ihre Verbreitung. Bei den Manufakturrädern gehören sie inzwischen auch zum Standard. Und was hindert mich, unterwegs als Notreparatur in Katlaydu eine preiswerte Cantibremse zu montieren.

2.4 Scheibenbremsen

Meiner Meinung nach stellen Scheibenbremsen die technisch beste Lösung dar. Am Tandem kann sie als alleinige Hinterradbremse genutzt werden, die Cantisockel sind nur für Notfälle dran, wenn eine Notlösung auf Grund eines Defekts her muss. Es sind jedoch nicht alle Scheibenbremsen für den Gebrauch am Tandem zugelassen. Hierzu gehören von Magura die Gustav M und die Julie Tandem, die Hope und die Formula Bremse.

Die Hope ist die stärkere und schöner gearbeitete aber leider auch die teurere. Von Hope gibt es verschiedene Adapter, um die Scheibenbremse vorne und hinten zu montieren. Man kann die Scheibe entweder auf Hope- oder Sachsnaben montieren. Falls ihr schon eine Nabe mit einem Gewinde auf der linken Seite habt, so kann man einen Stern für die Aufnahme der Scheibe selber drehen (oder drehen lassen).

Die Formula wird auch von Santana angeboten. Die ist vor allem für Leute interessant, die mit Rennlenkern fahren wollen. Der Bremskolben wird durch einen kurzen Bowdenzug betätigt, und sitzt etwa da, wo sonst die vorderen Zuganschläge sind. Außerdem hat Santana schon die passende Aufnahme für die Scheibe, sie müsste nicht mehr selber drehen.

Das einzige wirklich ärgerliche an den Scheibenbremsen ist der Preis. Er bewegt sich bei 300-400 € pro Bremse.

Für den normalen Tandemeinsatz reicht eine Scheibenbremse hinten vollkommen aus. Oft wird am Tandem nur hinten gebremst. Die vordere wird nur im "Notfall" benutzt.

3. Brakebooster

Fast alle Bremsen, die wirklich etwas taugen, werden auf Cantisockeln montiert. Diese Sockel biegen sich jedoch mehr oder weniger nach außen, wenn das Bremsgummi auf die Felge gedrückt wird. Dieses Biegen ist in der Hauptsache ein "Aufdrehen". Das "Aufweiten" des Hinterbaus oder gar der Gabel ist der kleinere Anteil.

Dagegen kann man mit einem Brakebooster effektiv etwas tun. Dadurch lassen sich die maximalen Bremskräfte vergrößern. Das bedeutet nicht, dass die Betätigungskräfte sinken. Nur hat man die Chance, große Kräfte überhaupt aufzubringen, bevor der Bremshebel am Lenker anschlägt.

4. Technik - Laufräder

Die Laufräder sind an Tandems diejenigen Teile, die den meisten Ärger verursachen, wenn sie nicht mit Bedacht gebaut sind. Tandems sind schwer und schnell. Deshalb werden die Laufräder erheblich stärker belastet als an Solo-Rädern. Billige Komponenten, übertriebener Leichtbau und mangelnde handwerkliche Ausführung sollte man tunlichst vermeiden.

4.1 Gesamtgewicht

Das erwartete Gesamtgewicht von Rad, Fahrern und Gepäck kann beträchtlich variieren. Tandemhersteller halten sich da erstaunlich bedeckt. Ein Renntandem mit einem leichten Team kann unter 140 kg Gesamtgewicht liegen, während ein Reisetandem mit einem schweren Team und Gepäck durchaus über 250 kg auf die Waage bringen kann, ganz zu schweigen von Gefährten mit mehr als zwei Sitzplätzen.

Im Falle des Renntandems kann man weitgehend mit guten Solorad-Komponenten arbeiten, während man beim vollbeladenen Reisetandem möglichst alle Register ziehen sollte, die die Stabilität erhöhen. Fangen wir also im Zentrum des Geschehens an:

4.2 Naben

Am Vorderrad ist alles nicht so kritisch, im Grunde taugt jede gute Vorderradnabe. Die Auswahl ist groß, weil man hier nicht mehr als 36 Speichen braucht (gute Einspeichung und stabile Felge vorausgesetzt). Natürlich gibt es auch Vorderrad-Naben für 40 oder 48 Speichen. Vorderräder sind also selten ein Problem.

Hinten wird es interessanter. Größere Klemmbreite (140, 145 oder 160 mm, siehe nächster Absatz) und/oder größere Speichenzahl (40 oder besser noch 48) verringern die Auswahl an Hinterradnaben gewaltig. Es gibt einige wenige Hersteller, die Naben speziell für Tandems vertreiben, dazu gehören u.a. Shimano, DT, Edco, Phil Wood und Chris King.

Die Qualität steigt in dieser Reihenfolge (tauglich sind sie aber alle), allerdings auch der Preis, nämlich von ca. 80 Euro bis ca. 400 Euro für eine Hinterradnabe. Fast alle Tandemnaben haben auf der linken Seite ein Gewinde für eine Arai-Trommelbremse. Dieses Gewinde ist identisch mit dem Gewinde für Schraubkränze, wie sie früher üblich waren.

Richtig kritisch ist die Hinterradnabe bei MTB-Tandems, die von starken Teams wirklich im Gelände gefahren werde. Bei den MTB-typischen Untersetzungen von 22 zu 34 Zähnen treten beim Überfahren von Hindernissen an Steigungen enorme Lastspitzen auf, denen die Sperrklinken der allermeisten Naben nicht gewachsen sind. Hier helfen nur solche Naben wie die sehr teure Chris King, bei denen die Sperrklinken einen vergrößerten Durchmesser haben.

4.3 Klemmweite

Am Vorderrad beträgt die Klemmweite gemeinhin 100 mm. Am Hinterbau gibt es einige Varianten:

Klemmweite in mm Einsatzgebiet:

120 Bahnräder und ältere 3-Gang-Räder
126 Rennrad 6- und 7-fach
130 Rennrad-Standard
135 Mountainbike-Standard
140 Tandem, wird seltener
145 Tandem, symmetrische Einspeichung, z.Zt am verbreitetsten
160 Tandem, symmetr. Einspeichung und vergößerter Flanschabstand

Ein Laufrad ist dann am stabilsten, wenn die Speichen auf beiden Seiten gleich steil stehen, das Laufrad also symmetrisch ist, und wenn gleichzeitig die Nabenflansche möglichst weit voneinander entfernt sind. Innerhalb normaler Klemmweiten wird dies nur von Schaltnaben erfüllt, beim Tandem also nur von der Rohloff Speedhub bei 135 mm Klemmweite.

Bei Kettenschaltungen ist dies aufgrund der großen Breite der Ritzelpakete erst bei einer Klemmweite von 160 mm wirklich möglich. Alles darunter ist ein mehr oder weniger starker Kompromiss, der die Stabilität des Laufrads verringert. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht trotzdem funktionieren kann - andere Einflussgrößen wie die Steifigkeit der Felge und die handwerkliche Qualität spielen auch eine große Rolle.

Ein schlampig eingespeichtes 160 mm-Laufrad wird nicht besser sein als ein gut gebautes mit 140 mm Klemmweite. Aber 160 mm sind eben das Optimum. Man erkauft sich diesen Stabilitätsgewinn damit, dass auch die Tretlagerachsen entsprechend länger sein müssen, damit die Kettenlinie noch stimmt, d.h. man tritt ein wenig breiter.

Vielen Leuten macht das nichts (es ist ja auch kein großer Unterschied), aber manche empfinden die Sitzposition als unschön breitbeinig. Für echte Renntandems erscheinen deshalb 135 mm Klemmweite als ausreichend, während bei Reisetandems 145 oder 160 mm angebracht sind.

4.4 Felgen

Die Stabilität der Felge ist ein entscheidender Faktor, der häufig unterschätzt wird. Die Steifigkeit der Felge wächst mit ihrer Profilhöhe extrem stark an. Eine flache Kastenfelge mit sagen wir 15 mm Höhe und 20 mm Breite kann man mit so vielen Speichen ausstatten, wie man will, das resultierende Laufrad wird am Tandem nicht wirklich dauerstabil sein und eine Tendenz zu Speichenbrüchen zeigen.

Eine Hochprofilfelge mit 30 mm Profilhöhe wird hingegen auch mit 32 Speichen dauerhaft stabil sein. Der Grund dafür ist, dass die Steifigkeit in vertikaler Richtung in der dritten Potenz mit der Profilhöhe ansteigt (doppelte Höhe - 8-fache Steifigkeit). Diese Steifigkeit beeinflusst direkt die Wechsellast, die die Speichen verdauen müssen. Das zusätzliche Gewicht einer hochprofiligen Felge (100 bis 200 g) ist also am Tandem gut investiert.

Die Breite der Felge ist auch von Bedeutung, aber nicht so entscheidend wie die Höhe. Die Breite sollte deshalb passend zu der vorgesehenen Reifenbreite ausgewählt werden. Wenn es dann noch Auswahl gibt, sollte man die Felge mit dem höheren Profil auswählen. Dann gibt es noch geöste und ungeöste Felgen. Beide Varianten können gut sein, allerdings ist eine geöste Felge beim Selbstbau angenehmer, weil unter hoher Vorspannung die Nippel nicht fressen können. Einfache Ösen sollte man meiden, besser sind doppelte Ösen, also solche in Töpfchenform.

4.5 Speichen

Am haltbarsten sind Speichen mit verjüngtem Mittelteil, also z.B. 2.0/1.8/2.0 mm (sog. Doppel-Dickend-Speiche, kurz DD-Speiche). Die halten auf Dauer mehr aus als durchgehend 2.0 mm dicke, weil der Mittelteil stärker nachgibt, bevor die Enden beschädigt werden können. Es gibt auch 2.0/1.5/2.0 (z.B. DT Revolution). Das geht auch, allerdings ist der Mittelteil der Speichen dann nur knapp ausreichend dimensioniert, zudem wird das Laufrad seitlich flexibler.

Dünnere Speichenenden (also z.B. 1.8/1.6/1.8) sollte man am Tandem nicht wagen, weil die Speichenden die kritischen Bereiche sind, nicht der Mittelteil. Wer ganz sicher gehen will, kann auch 2.3/1.8/2.0 (DT Alpine III) mit verstärkten Speichenköpfen nehmen, aber dann müssen die dickeren Speichenköpfe mit den Nabenlöchern harmonieren.

Die Nippel sollten grundsätzlich aus Messing sein, Alu-Nippel sollte man nur verwenden, wenn man weiß was man tut. Fazit: Im Zweifelsfall DD-Speichen 2.0/1.8/2.0 mm in Messing-Nippel.

Speiche

Durchmesser (Kopf/Mitte/Gewinde in mm) und Einsatzvorschlag:

2.0/1.8/2.0 (DD-Speiche) Im Zweifelsfall die beste Wahl für alle Einsätze.

2.3/1.8/2.0 (3D-Speiche) Zusätzlich verstärkter Kopfbereich, für sehr schwere Teams.

2.0/2.0/2.0 Die billigste Speiche, zu vermeiden wegen erhöhter Bruchgefahr an dem Speichenenden.

2.0/1.5/2.0 (DD-Speiche) Stärker konifizierter Mittelbereich, für Vorderräder ohne Gepäck.

2.0/(2.0x1.0)/2.0 (Sapim CX-Ray) Messerspeiche, nur für Vorderräder an Renntandems.

1.8/1.6/1.8 (DD-Speiche) Rennrad-Speiche, am Tandem nicht sinnvoll.

4.6 Speichenzahl

Wieviele Speichen man braucht, hängt davon ab, wie stabil das jeweilige Laufrad an sich schon ist. Symmetrische Einspeichung und stabile Felge erfordern weniger Speichen als asymmetrische Einspeichung und ein schlappe Felge.

Also: Bei 28-Zoll-Rädern reichen unserer Einschätzung nach vorne 36 Speichen immer aus, vorausgesetzt die Felge ist nicht allzu schwach. Hinten sollten es bei asymmetrischer Einspeichung mehr sein, am besten gleich 48, dann ist man auf der sicheren Seite, besonders, wenn man mit schwerem Gepäck fährt.

Bei symmetrischer Einspeichung reichen auch hinten 36 Speichen (wieder eine steife Felge und gute handwerkliche Qualität vorausgesetzt). Bei 26-Zoll-Rädern reichen weniger Speichen, z.B. 32 vorne und 36 hinten. Kleinere Laufräder kommen generell mit proportional zum Durchmesser weniger Speichen aus. 40 Speichen haben gegenüber 36 keinen sehr großen Vorteil, erschweren aber die Ersatzteilbeschaffung. Das gilt natürlich auch für 48 Speichen, allerdings ist dort der Stabilitätsgewinn größer.

4.7 Speichenmuster

Die Belastung der Speichen des Hinterrades und des Nabenflansches aufgrund von Drehmoment ist am geringsten, wenn die Speichen die Nabe möglichst tangential verlassen.

Bei 48 Speichen sollte man auf jeden Fall 4-fach kreuzen, sonst geht ein Teil der Entlastung durch die erhöhte Speichenzahl aufgrund eines geringeren Speichenwinkels gleich wieder verloren.

32 bis 40 Speichen sollten dreifach gekreuzt werde. Radialspeichung (Speichen gehen sternförmig zur Felge. Es wird keine Speiche gekreuzt!) wäre am Vorderrad möglich, könnte aber bei 36 Speichen die Nabenflansche überlasten. Der Speichenwinkel an der Nabe ist übrigens bei 36 Speichen/3-fach und 48 Speichen/4-fach identisch.

4.8 Speichenspannung

Eine hohe Vorspannung der Speichen ist neben einer stabilen Felge die wichtigste Voraussetzung für ein stabiles Laufrad. Der Speichenstahl erträgt die Wechselbelastung beim Fahren am längsten, wenn die kleinste auftretende Spannung noch so weit wie möglich oberhalb von Null liegt, also die Zugspannung nie völlig abgebaut wird.

Bei einer zu geringen Vorspannung werden die Speichen regelmäßig völlig entlastet, so dass sich mit der Zeit die Speichennippel verdrehen und lösen - das Rad wird unrund und Speichen brechen.

Es ist daher definitiv Blödsinn, ein Rad "weich" einzuspeichen, damit es besser federt. Das ist Pfusch und verbessert die Federwirkung übrigens gar nicht. Noch mehr Pfusch ist es, wenn die Nippelgewinde dann mit Loctite verklebt werden, damit sich die Speichen nicht lösen.

Federn müssen die Reifen. Das Rad selbst muss "hart" sein, also unter hoher Vorspannung stehen, sonst ist es nicht dauerhaft stabil! "Weiche" Laufräder machen ständig Probleme, d.h. sie bleiben nicht richtig rund und sind der Hauptgrund für Speichenbrüche. Ein hart eingespeichtes Rad muss nie wieder nachzentriert werden, außer nach einem groben Schlag oder einem Unfall. Nur - man muss sich beim Einspeichen und Zentrieren ausreichend Zeit nehmen, und die haben viele Händler nicht.

Das Angebot, bei der Erstinpektion die Laufräder nachzuzentrieren, deutet weniger auf guten Service als auf schlampigen Laufradbau hin (wobei natürlich die Händler nichts für die fertig gelieferten Laufräder können). All dies spricht dafür, Laufräder entweder selbst zu bauen, was weniger schwierig ist als es klingt, oder diese Arbeit einer Werkstatt anzuvertrauen, die sich auf Laufradbau spezialisiert hat (z.B. Haas Fahrradtechnik / Santana).

Mit Hilfe eines Tensiometers kann man die Speichenspannung bzw. die Speichenkräfte messen.

Unter System-Laufrädern versteht man solche Laufräder, die vom Hersteller aus aufeinander abgestimmten Komponenten aufgebaut und unter einem eigenen Produktnamen vetrieben werden. Dies wird besonders im Rennrad- und im MTB-Bereich immer beliebter. Besonders im Rennradbereich wird dabei zwecks besserer Aerodynamik eine Reduzierung der Speichenzahl angestrebt.

Hochprofilfelgen mit mindestens 30 mm Höhe erlauben dabei 12 bis 16 Speichen, die unter sehr hoher Vorspannung stehen müssen, damit das Rad dauerstabil ist. Bei Tandems sind offenbar 16 bis 24 Speichen nötig. Die Seitensteifigkeit von Laufrädern mit wenigen Speichen ist immer etwas geringer als bei vielen Speichen (gleiche Felge vorausgesetzt), und zwar unabhängig von der Speichenspannung. Hinzu kommt, dass im Fall der Fälle ein Nachzentrieren von Hand meist nicht möglich ist. Aber hier geht es um Renntandems, nicht um Reiseräder. Shimano, Rolf und Bontrager stellen Tandem-Versionen ihrer Straßenlaufräder her. Im MTB-Bereich scheint es bisher keine Tandem-Systemlaufräder zu geben.

Hersteller  Speichenzahl v/h Klemmweite Gewicht in g Untersch. zur Solo-Variante*
Shimano 16/16 160 2200 Verstärkte Speichen, an der Hinterradnabe 160 mm Klemmweite mit symmetrischer Einspeichung und vergrößertem Flanschabstand.
Rolf  20/24 145  1900  Erhöhte Speichenzahl,
verstärkte Felge.
Bontrager  24/24  145 2250 Erhöhte Speichenzahl.
* Teilweise sind auch die Achsen aus Stahl statt aus Aluminium gefertigt.

 4.9 Zusammenfassung

Wie wir gesehen haben, gibt es eine ganze Reihe Einflussgrößen, die sich alle auf die Stabilität eines Laufrades und damit auf die Häufigkeit von Speichenbrüchen auswirken:

Einflussgröße Grund  Empfehlung
Handwerkliches Können Gleichmäßige hohe Speichenspannung Spezialwerkstatt oder Eigenbau, möglichst Spannungsmessung mit Tensiometer
Hohes Felgenprofil Geringere Verformung der Felge Felgen mit mindestens 24 mm Profilhöhe, Breite zum Reifen passend
Symmetrischer Aufbau Keine Überlastung durch sehr steile Speichen 145 oder 160 mm Klemmweite am Hinterrad
Große Speichenzahl Aufteilung der dynamischen Lasten  Bei sehr hoher Belastung bis zu 48 Speichen, sonst höchstens 36
Kleinere Laufräder  Günstigere Hebelverhältnisse Bei hoher Belastung 26-Zoll-Laufräder
Große Reifenbreite Abfedern von Stößen Keine zu schmalen Reifen
Konifizierte (DD-)Speichen Entlastung der Speichenenden DD-Speichen 2.0/1.8/2.0 mm

Danksagung

Ich möchte mich für die Unterstützung von Ulli Horlacher www.tandem-fahren.de & Dirk Bettge www.sudibe.de bedanken. Von deren Webseiten der größte Teil des Technikteils stammt.

Wenn ihr noch mehr Informationen zum Thema Tandem haben möchtet sprecht mich einfach an, ich kann euch dann im persönlichen Gespräch bestimmt noch ein paar Ratschläge geben.

Hier noch eine Link-Liste :

Tandem-Spezialisten

• Burley (USA)
• Cannondale (USA)
• Santana Europe (USA)
• Schauff (D)

Tandem-Serienhersteller

• Dawes (UK) Mittelklasse-Tandems, lange Tradition
• KHS (USA) über ZweiPlusZwei zu bekommen
• Koga-Miyata (NL) voll gefedert
• Red Bull (D) die Hausmarke des Bocholter Versenders Rose
• Stevens (D) ein MTB- und ein Straßentandem aus Alu.
• Trek (USA)
• ZweiPlusZwei (D) Alu-Tandems mit niedrigen Rahmen

Gruß Michael Klee

Die Mitarbeiter der Transplantationsbegleitung haben sich viel Arbeit für Euch gemacht. Der Text ist urheberrechtlich geschützt. Eine ganz oder teilweise Veröffentlichung bedarf der Zustimmung der Transplantationsbegleitung e.V. und der im Bericht genannten Autoren / Quellen.